Wieder einmal haben sich die Feldmäuse in diesem Jahr stark vermehrt und die Bauern sorgen sich um ihre Saat von Weizen, Gerste und Raps. Und wieder einmal hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) einen Notfallantrag zur Ausbringung von Ratron Feldmausködern (Wirkstoff Chlorphacinon) und Ratron Giftlinsen (Wirkstoff Zinkphosphid) genehmigt, für die Zeit vom 1. September bis zum 29. Dezember 2015.
Der Wirkstoff Chlorphacinon ist in der gesamten EU seit 2007 wegen seiner hohen Toxizität gegenüber Säugetieren und Vögeln verboten. Denn durch das Gift werden nicht nur Feldmäuse vergiftet, sondern auch geschützte Arten wie Feldhamster, Eulen oder Greifvögel sind betroffen. Feldhamster würden das Granulat direkt als Nahrung aufnehmen. Greifvögel, wie der Rotmilan werden indirekt durch die Erbeutung von verendeten Mäusen vergiftet. Dabei hat Deutschland eine besonders hohe Verantwortung für den Erhalt des Rotmilans: Mehr als die Hälfte aller Rotmilane leben hier.
Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg haben bereits diese sogenannte Notfallzulassung beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit beantragt und mit entsprechender Genehmigung kann das Feldmaus-Gift sogar im nicht-selektiven Streuverfahren eingesetzt werden. Dieser Notfallantrag wurde auch in den letzten Jahren immer wieder genehmigt und wird damit langsam zur Regel. Der Einsatz von Rodentiziden kann nicht die Antwort auf eine immer wiederkehrende Mäuseüberpopulation sein. Schwankungen in den Beständen sind normal und müssen in der Landwirtschaft miteinbezogen werden. Intensive Bewirtschaftung und hohe Erlöse beim Getreide zeigen, dass sich Deutschlands Landwirte um ihr Einkommen generell wenig Sorgen machen müssen. Vorbeugende Maßnahmen wie ein tieferes Pflügen der Felder oder die Förderung von Greifvögeln und Eulen sollten grundsätzlich Vorrang haben vor dem Ausstreuen eines nicht-selektiven Giftes.
Es ist absurd, dass einerseits natürliche Lebensräume und Tierarten auf landwirtschaftlichen Flächen gefördert werden und andererseits breitflächig Gift verstreut wird, welches die Tiere gefährdet, die durch naturschutzfachliche Maßnahmen geschützt werden sollen. Die Unteren Naturschutzbehörden können und müssen in Absprache mit dem Landwirtschaftsministerium den Gifteinsatz untersagen, wenn es zu Konflikten mit Naturschutzzielen kommt. Der Einsatz von Feldmausködern muss kritisch geprüft und wenn nötig, untersagt werden. Alles andere wäre ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes und gegen das europäische Naturschutzgesetz.
Auch der NABU Thüringen, der BUND und der NABU Sachsen lehnen den Einsatz der Feldmausköder ab und fordern eine sofortige Rücknahme der Genehmigung.
Weitere Infos zum Problem finden Sie hier:
Umweltbundesamt: Zulassung von Nagetierbekämpfungsmitteln mit blutgerinnungshemmenden Wirkstoffen (Antikoagulanzien der 2. Generation)