Abschlusstagung Rotmilan – Land zum Leben in Berlin 2019
Das Projekt Rotmilan – Land zum Leben hat am 22. Oktober 2019 im Rahmen seiner Abschlusstagung die Ergebnisse aus sechs Jahren Projektlaufzeit vorgestellt und Empfehlungen an die Agrarpolitik gegeben, damit Maßnahmen zum Schutz des Rotmilans bei der aktuellen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik stärker berücksichtigt werden. Rund 150 Teilnehmende aus Politik, Verbänden und Naturschutz kamen in Berlin zusammen.
Vorträge der Referenten zum Download:
Bernd Blümlein: Begrüßung und Vorstellung des Projektes
Jakob Katzenberger: Monitoring praktischer Maßnahmen zum Schutz des Rotmilans
Rita Schwarzelühr-Sutter: Grußwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium
Svenja Ganteför: Ehrung von Land- und Forstwirten aus dem Projekt
Präsentation der Ergebnisse aus den Projektregionen zum Download:
Ergebnisse Projektregion Nordrhein-Westfalen (Bergisches Land)
Ergebnisse Projektregion Sachsen (Nordwestsachsen)
Ergebnisse Projektregion Sachsen (Ostsachsen)
Ergebnisse Projektregion Schleswig-Holstein (Ostholstein)
Ergebnisse Projektregion Mecklenburg-Vorpommern (Sternberger Endmoräne)
Ergebnisse Projektregion Mecklenburg-Vorpommern (Mecklenburger Endmoräne)
Ergebnisse Projektregion Brandenburg (Uckermark-Schorfheide)
Ergebnisse Projektregion Thüringen (Mittelthüringen)
Ergebnisse Projektregion Niedersachsen (Landkreis Göttingen)
Dr. Jürgen Metzner und Bernd Blümlein vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) gaben zu Beginn einen Überblick über das Verbundprojekt, bevor die wissenschaftlichen Ergebnisse vorgestellt wurden.
Dr. Winfried Nachtigall vom Förderverein Sächsische Vogelschutzwarte Neschwitz präsentierte die Ergebnisse zu Brutbestand, Reproduktion und Nestbaumschutz mit Schwerpunkt auf der Praxisregion Ostsachsen. Im Vergleich der Entwicklung und Verteilung der Rotmilandichten (Brutpaare pro 100 km²) aus den Kontrollgebieten zeigen sich hohe Dichten in den Projektregionen in Mitteldeutschland und niedrige Dichten in den nord-östlichen Regionen. Die Ergebnisse zum Nestbaumschutz im Projektgebiet Ostsachsen zeigen, dass die Anbringung von Baummanschetten einen leicht positiven Effekt auf die Fortpflanzungsziffer (Anzahl Jungvögel je begonnender Brut) hat.
Anschließend stellte Jakob Katzenberger vom Dachverband Deutscher Avifaunisten das Monitoring praktischer Maßnahmen zum Schutz des Rotmilans vor. Zentrale Fragestellungen bei der Evaluation waren: Lässt sich die Verfügbarkeit von Kleinsäugern und Singvögeln für den Rotmilan durch geeignete Maßnahmen der Agrarförderung steigern? Nutzen Rotmilane ein verbessertes Nahrungsangebot auf diesen Flächen? Und wirken sich die Maßnahmen auf den Bruterfolg aus? Alle drei Fragen lassen sich kurz und knapp mit „Ja“ beantworten – eine ausführliche Darstellung der Methoden und Ergebnisse finden Sie auf der Seite „Wissenschaft und Forschung“.
Nach einem persönlichen Grußwort von Ute Grothey, der stellvertretenden Vorsitzenden des DVL, betonte die Parlamentarische Staatsekretärin aus dem Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, in ihrer Rede die nationale und internationale Verantwortung Deutschlands für den Rotmilan. Im Anschluss wurden sechs Land- und Forstwirtschaftsbetriebe für ihre besonders rotmilanfreundliche Wirtschaftsweise durch Rita Schwarzelühr-Sutter und Svenja Ganteför feierlich geehrt. Die Preisträger erhielten die Auszeichnung, weil sie in vorbildlicher Weise zeigen, dass Naturschutz und Landwirtschaft zusammen funktionieren.
Prof. Dr. Franz Bairlein vom Institut für Vogelforschung der Vogelwarte Helgoland hielt einen spannenden Vortrag über die Verantwortungsart Rotmilan und stellte den wichtigen Unterschied zwischen den Begriffen „Verantwortung“ und „Verantwortlichkeit“ heraus. Bundes-, Landesregierungen und Behörden aus den Regionen, in denen die Rotmilanbestände abgenommen habe, müssen ihre Verantwortlichkeit annehmen und nun das aufgebaute Wissen zum Schutz des Rotmilans in die Tat umsetzen. Herr Bairlein appellierte an den wissenschaftlichen Austausch und eine Zusammenarbeit nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Für einen umfassenden Schutz des Rotmilans müssen wir auch die Bedingungen in den Überwinterungsgebieten kennen und miteinbeziehen.
„Wie wirkt sich die Beratung von Landnutzenden in den Projektregionen auf die Umsetzung von Maßnahmen in der Fläche aus?“ Diese Frage untersuchte Hannah Böhner vom Thünen-Institut für Ländliche Räume und präsentierte die Ergebnisse der Studie „Beratung als Instrument für mehr Naturschutz in der LandwirtschaftEvaluierung des Beratungsangebotes im Verbundprojekt Rotmilan –Land zum Leben“. Beratung ist ein wichtiges Instrument zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen durch Landwirtschaftsbetriebe. Sie transportiert Naturschutzfachwissen in die Landbewirtschaftung und sensibilisiert die Handelnden. Dabei bietet sie Unterstützung bei der Umsetzung. Die Grundvoraussetzung für ein effektives Beratungsangebot sind jedoch ausreichende finanzielle Mittel für die Maßnahmenumsetzung, die an die regionalspezifischen Biodiversitätsziele sowie an praktische landwirtschaftliche Erfordernisse angepasst sind.
Uwe Lerch vom DVL und fachlicher Koordinator im Projekt zog Bilanz über die vorhandenen Agrarumweltprogrammen der Länder, die im Projekt beraten wurden und gab Empfehlungen für die nächste Förderperiode ab 2021. Maßnahmen, die das Nahrungsangebot und die Nahrungsverfügbarkeit auf Acker und Grünland für den Rotmilan verbessern, sind in den sechs Bundesländern nur bedingt vorhanden. Spezielle Maßnahmen zum Schutz des Rotmilans werden nur in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Thüringen angeboten. Entscheidend sind neben einer zielgerichteten inhaltlichen Ausrichtung, aber auch Passgenauigkeit, damit Maßnahmen unkompliziert in den Betriebsablauf integriert werden können. Das Projekt Rotmilan – Land zum Leben empfiehlt daher u.a. die Einführung einer Komplexmaßnahme „Ackerlebensräume“ in Form einzelner Module (z.B. Vielfalt der Kulturen, Schaffung von Nahrungshabitatflächen für Greifvögel, Schaffung von Strukturen auf Ackerflächen), um Landnutzenden eine hohe Flexibilität für betriebsindividuelle Entscheidungen zu ermöglichen.
Zum Abschluss wurden bei der Podiumsdiskussion die unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen Landnutzende, Berater_innen und Politiker_innen stehen, diskutiert. Es herrschte Einigkeit darüber, dass es über die Ausgleichzahlungen hinaus mehr Anreize für Landwirtschaftsbetriebe geben muss, sich für eine vielfältige und biodiversitätsförderne Wirtschaftsweise zu entscheiden. Die „Produktion von Biodiversität“ sollte einen Produktionszweig darstellen, der sich für die Landnutzenden lohnt. Die neuen „Eco-Schemes“ könnten die Lösung dafür sein und Möglichkeiten bieten, auch Maßnahmen speziell für den Rotmilan darin zu verankern.
An der Diskussion nahmen teil:
Dr. Volker Saggau (Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Schleswig-Holstein)
Ute Grothey (Geschäftsführerin LPV Landkreis Göttingen, Praxispartnerin und stellvertretende Vorsitzende des DVL)
Ralf Wolkenhauer (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Berlin)
Detlef Hack (Landwirt auf dem Lämmerhof, Schleswig-Holstein)
Moderation: Hilmar von Münchhausen (Geschäftsführer Deutsche Wildtier Stiftung)
Anfang 2020 wird ein Tagungsband veröffentlicht, der allen Teilnehmenden der Tagung zugeschickt wird und nach Bekanntgabe unter info@dewist.de kostenlos bestellt werden kann.
Copyright Fotos: Deutsche Wildtier Stiftung / Mo Camara