Arbeit in den Projektregionen
1. Naturschutzfachliche Beratung
Kern des Projektes ist die naturschutzfachliche Beratung und intensive Zusammenarbeit mit Landnutzenden. In neun Modellregionen in sieben Bundesländern beraten die Praxispartner vor Ort landwirtschaftliche Betriebe zu praktischen Maßnahmen, deren Umsetzung die Agrarlandschaft rotmilanfreundlicher gestaltet.
Schwerpunktmaßnahmen sind die Verbesserung des Nahrungsangebots und Nahrungsverfügbarkeit, Nestbaumschutz und die Verbesserung des Bruthabitats. Die Maßnahmen werden in erster Linie auf Grundlage der in den Ländern förderfähigen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) und des Greenings umgesetzt. Die Beraterinnen und Berater können in direktem Gespräch mit den Landnutzern auf unbürokratische und effiziente Weise die Maßnahmen besprechen und empfehlen, die für den jeweiligen Betrieb und die Zielarten wie dem Rotmilan relevant sind. Kontinuität ist wichtig, um den Betrieb und seine Personen kennen zu lernen und um die Basis für eine langjährige Zusammenarbeit aufzubauen. Im Idealfall entsteht zwischen Landnutzenden und Beratenden ein Vertrauensverhältnis, denn jeder Betrieb ist anders und hat individuelle Bedürfnisse, die es zu beachten gilt. Nur mit guten Kenntnissen des Betriebes können Naturschutzmaßnahmen für beide Seiten effizient gestaltet werden. Ein solches Vertrauensverhältnis aufzubauen und den Betrieb und seine Menschen kennen zu lernen, dauert seine Zeit.
Welche Maßnahmen aus dem jeweiligen Programm sind für diesen Betrieb sinnvoll? Welche ökonomischen Folgen haben diese Maßnahmen? Wie lassen sich die Maßnahmen sinnvoll in die Betriebsabläufe integrieren? Welche Auflagen müssen die Landnutzenden beachten? Die Naturschutzberatung ist deshalb eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Wie sich die Beratung von Landnutzenden in den Projektregionen auf die Umsetzung von Maßnahmen in der Fläche auswirkt, hat das Thünen-Institut für Ländliche Räume im Projekt untersucht. Die Studie zeigt, dass Beratung ein wichtiges Instrument zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen durch Landwirtschaftsbetriebe ist. Beratung transportiert Naturschutzfachwissen in die Landbewirtschaftung und sensibilisiert die Handelnden. Dabei bietet sie Unterstützung bei der Umsetzung. Die Grundvoraussetzung für ein effektives Beratungsangebot sind jedoch ausreichende finanzielle Mittel für die Maßnahmenumsetzung, die an die regionalspezifischen Biodiversitätsziele sowie an praktische landwirtschaftliche Erfordernisse angepasst sind.
2. Erfassung des Brutbestands
In den Projektregionen werden die lokalen Bestandszahlen des Rotmilans von den Partnern vor Ort genau überwacht, um Aussagen über Entwicklungen und örtliche Problemstellungen treffen zu können. Nestschutz, Beringung, Besenderung und Prädatorenabwehr sind nur einige der zusätzlichen Aktivitäten der Praxispartner.
Ergebnisse 2014 – 2018
Auf 224.000 Hektar Kulturlandschaft wurden bisher 1.500 Rotmilanbruten dokumentiert und begleitet. Zum Schutz der Nestbäume und Bruthabitate wurden insgesamt rund 1.300 Maßnahmen umgesetzt. An 435 Nestbäumen wurden Manschetten zum Schutz vor Nesträubern angebracht. Rund 870 Einzelmaßnahmen für störungsfreie Bruten, z.B. durch zeitliche Verschiebung forstwirtschaftlicher Aktivitäten oder dem Einrichten von Nestschutzzonen wurden durchgeführt.
In rund 4.000 Beratungen haben die Partner vor Ort Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, Kommunen und Fachbehörden zum praktischen Rotmilanschutz beraten.
Dabei wurden jährlich durchschnittlich 13.000 Hektar rotmilanfreundlich bewirtschaftet.
Ergebnisse aus den neun Projektregionen:
Ergebnisse Projektregion Nordrhein-Westfalen (Bergisches Land)
Ergebnisse Projektregion Sachsen (Nordwestsachsen)
Ergebnisse Projektregion Sachsen (Ostsachsen)
Ergebnisse Projektregion Schleswig-Holstein (Ostholstein)
Ergebnisse Projektregion Mecklenburg-Vorpommern (Sternberger Endmoräne)
Ergebnisse Projektregion Mecklenburg-Vorpommern (Mecklenburger Endmoräne)
Ergebnisse Projektregion Brandenburg (Uckermark-Schorfheide)
Ergebnisse Projektregion Thüringen (Mittelthüringen)
Ergebnisse Projektregion Niedersachsen (Landkreis Göttingen)
Praxispartner vor Ort
1. Nordrhein-Westfalen: Biologische Stationen Rhein-Berg und Oberberg
Ansprechpartner:
Florian Schöllnhammer
Biologische Stationen Rhein-Berg und Oberberg
Kammerbroich 67
Telefon 02205 9498940
Schoellnhammer@BS-BL.de
www.BioStationOberberg.de
Durch Nordrhein-Westfalen verläuft die nordwestliche Grenze des Verbreitungsgebietes des Rotmilans. Die Besiedlung beschränkt sich fast ausschließlich auf Mittelgebirgsregionen. Ehemalige Vorkommen der Niederungen am Niederrhein und im Westmünsterland sind seit den 90er Jahren fast vollständig erloschen, während gleichzeitig in den Mittelgebirgen neue Gebiete erschlossen wurden. Dies resultiert in einem seit 1985 weitgehend stabilen Bestand des Rotmilans in NRW von etwa 700 – 900 Brutpaaren. Als Ursachen für die Arealverschiebung werden die fortschreitende Intensivierung der Landbewirtschaftung, aber auch illegale Verfolgung von Greifvögeln, insbesondere im Tiefland, diskutiert. Der Druck auf die landwirtschaftliche Nutzfläche ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen zur Energiegewinnung verstärkt diesen Druck noch und macht ehemals brach gefallene Flächen wieder interessant für die Bewirtschaftung – zum Leidwesen der Vögel der Agrarlandschaft, zu welchen auch der Rotmilan zu zählen ist, da er hier seine Nahrung sucht.
Das Land verfügt über eine dichte Infrastruktur und hohen Bevölkerungsreichtum. Zusätzlich steigt Flächenverbrauch für Bauvorhaben. Dadurch entsteht ein enormer Druck auf Natur und Landschaft auch im Zuge von naturgebundener Freizeitgestaltung von Erholungssuchenden. Größere, weitgehend ungestörte Bereiche werden in der Landschaft immer seltener. Als Folge kann ein erhöhtes Risiko für die Störung wildlebender Tiere abgeleitet werden. Der aktuelle Brennholzboom führt zu einem verstärkten Nutzungsdruck auf die Wälder. Dies gefährdet insbesondere die alten Laubholzbestände, die gleichzeitig das bevorzugte Bruthabitat der Rotmilane darstellen.
Das Projektgebiet „Bergisches Land“ umfasst die Fläche des Rheinisch-Bergischen Kreises und des Oberbergischen Kreises. Das Gebiet befindet sich in der Ballungsrandzone von Köln im Westen und dem Bergischen Städtedreieck Remscheid, Wuppertal und Solingen im Norden. Die Gesamtgröße beträgt etwa 1.400 km². Das Bergische Land bietet mit seiner reich strukturierten Landschaft, die zu etwa gleichen Teilen (40 %) aus Offenland und Wald besteht, gute Voraussetzungen für das Vorkommen der Art. Die letzte Untersuchung des Rotmilanbestands in NRW beziffert den Bestand im Projektgebiet auf 33 – 39 Revierpaare. Die Ergebnisse des ersten Projektjahres lassen aber darauf schließen, dass das Vorkommen im Bergischen Land größer ist. Im Jahr 2015 wurden allein im etwa 230 km² umfassenden Kontrollgebiet 40 Brutnachweise und sieben Brutverdachte dokumentiert. Die Brutgröße entspricht 2,39 Jungvögeln je nachgewiesener Brut.
Das Projektgebiet „Bergisches Land“ unterscheidet sich erheblich von den anderen Projektregionen durch seinen hohen Grünlandanteil und geringen Anteil an Ackerfläche. Mit seiner hohen Abundanz an Rotmilanbruten zählt es zu den Dichtezentren der Rotmilanvorkommen und ist von überregionaler Bedeutung. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, diese Bruten zu schützen. Die Vermeidung von Störungen, insbesondere von forstwirtschaftlichen Aktivitäten während der Brutzeit, kann wesentlich dazu beitragen. Silageflächen im Bergischen Land, die drei bis fünf Mal pro Jahr geschnitten werden, scheinen sich für Rotmilane nicht negativ auf die Verfügbarkeit von Nahrung auszuwirken. Während die Agrarlandschaften im Tiefland in NRW zunehmend verwaisen, nehmen die Brutpaarzahlen im Bergischen Land weiter zu.
2. Sachsen: Förderverein Sächsische Vogelschutzwarte Neschwitz e.V.
Ansprechpartner:
Dr. Winfried Nachtigall, Stefan Siegel & Karolin Eils
Förderverein Sächsische Vogelschutzwarte Neschwitz e.V.
Park 4, 02699 Neschwitz
Telefon 035933 179862
Telefon 035933-179864
winfried.nachtigall@vogelschutzwarte-neschwitz.de
stefan.siegel@vogelschutzwarte-neschwitz.de
karolin.eils@vogelschutzwarte-neschwitz.de
www.vogelschutzwarte-neschwitz.de
Das 388 km² große Projektgebiet in Ostsachsen erstreckt sich nördlich von Bautzen und zeigt eine naturräumliche Zweiteilung. Die Landschaft des „Oberlausitzer Gefildes“ im südlichen Gebietsteil ist geprägt von ackerbaulicher Nutzung, offener Kulturlandschaft, Siedlungen sowie einer reichen Ausstattung an Feldgehölzen. In den nördlichen Gebieten dominieren Kiefernwälder und die für die Region typischen Teichgebiete. Dieser Wechsel aus offener Landschaft, Gehölzen und zahlreichen Gewässern macht das Gebiet für den Rotmilan so attraktiv. Es zählt zu den stabil besiedelten Regionen Sachsens und erreicht mit rund sechs Brutpaaren je 100 km² eine Dichte, die über dem landesweiten Durchschnitt liegt. In den letzten Jahren lag der Rotmilanbestand im Kontrollgebiet bei etwa 30 bis 40 Brutpaaren. Das lokale Vorkommen soll mit geeigneten Maßnahmen gestützt werden. Dabei sind Anpassungen in der Landbewirtschaftung von großer Bedeutung, durch die sowohl Nahrungsmenge als auch -verfügbarkeit für die Milane zur Brutzeit erhöht und verbessert werden können. Zur Umsetzung steht in Sachsen, neben freiwilligen Nutzungsänderungen, ab 2015 eine Reihe geeigneter Maßnahmen (AUKM) der neuen Förderrichtlinie bereit.
Bereits 2014 wurde zudem erprobt, wie die Verlustraten der Jungvögel im Nest durch Nestbaumummantelung reduziert werden können. Dabei hat sich Verglasungsfolie bewährt, die nach der Brutsaison wieder abgenommen wurde. Im ersten Ergebnis hatten Bruten mit Baumschutz weniger Verluste als solche ohne Schutzfolie. Die Erfolgsrate konnte also mit Ummantelung um 26 % erhöht werden! Die Erprobung wird in den Folgejahren fortgesetzt und entsprechende Empfehlungen daraus abgeleitet. Ergänzend sollen in Absprache mit Waldbewirtschaftern und Eigentümern Nestschutzzonen eingerichtet werden, um Störungen am Nest zu minimieren. Das Beratungs- und Informationsangebot richtet sich im Projektgebiet Ostsachsen demnach an Landwirtschaftsbetriebe und Waldbewirtschafter bzw. -eigentümer sowie an andere Beratungsorgane und Behörden. Darüber hinaus wird das Projekt der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht, um die Akzeptanz von Maßnahmen und die Sensibilität für die Art zu steigern.
3. Sachsen: Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e.V.
Ansprechpartnerinnen:
Julia Pöschel & Heike Weidt
Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e.V.
Dr.-Belian Str. 4, 04838 Eilenburg
Telefon 03423 70973924
info@lpv-nordwestsachsen.de
www.lpv-nordwestsachsen.de
Das Projektgebiet wurde vor 20 Jahren als waldärmste Region Deutschlands charakterisiert. Die vorhandenen Waldrelikte weisen jedoch eine sehr hohe ökologische Qualität auf (Ausweisung von 3 FFH-Gebieten). Aufgrund der geringen Niederschlagshäufigkeit und der guten Speicherfähigkeit der Böden, vor allem im Südwesten des Gebietes, nehmen stehende und fließende Gewässer nur einen sehr geringen Flächenanteil ein. Eine Ausnahme bilden die ehemaligen und bestehenden Bergbaugebiete. Südwestlich von Delitzsch, auf einer Fläche von ca. 8000 ha an der Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt, befindet sich das größte Vorkommensgebiet des Feldhamsters in Sachsen. Aus diesem Grund wurde das Gebiet als besonderes Entwicklungs- und Monitoringgebiet durch den Freistaat Sachsen ausgewiesen. Als Ursache der Bestandsabnahme typischer Offenlandarten wie Rotmilan, Feldhamster, Rebhuhn, Feldlerche, Kiebitz und Co., werden vor allem die aktuelle Förder- und Preispolitik für landwirtschaftliche Produkte verantwortlich gemacht, u.a. durch deren energetische Nutzung und die daraus resultierende enge Fruchtfolge sowie den Anbau von nur wenigen Fruchtarten auf der Fläche. Die mit der hohen Bodenpunktzahl verbundenen Pachtpreise schränken die Handlungsfähigkeit der Betriebe in der Region weiter ein. Unter den gegebenen Voraussetzungen werden daher vor allem Wintergetreide, Raps, Rüben, Mais und Gemüse angebaut.
Für den Schutz des Rotmilans sind diese regionalen Bedingungen besonders gravierend, da sie auf die Fruchtfolge und damit auf den Lebensraum Offenland die größten Auswirkungen haben. Wesentlich ist die Abnahme der Betriebe mit Tierhaltung auf zurzeit nur noch wenig produzierende Milchviehbetrieb. Mastbetriebe für Großtiere mit über 100 Rindern und 3000 Schweinen existieren nicht. Damit fehlen auch die damit verbundene Futterfläche und die Bereitstellung von Stroh für die Ställe. In den vorherrschenden großräumigen Ackerebenen dominieren Hochhecken mit der Hauptbaumart Hybrid-Pappel, die ein Alter von ca. 60 Jahren aufweisen. Diese Hochhecken mit einer Kronenbreite von ca. zehn bis zwölf Metern sind bedeutende Landschaftselemente, die vor allem ökologische Bedeutung als Nahrungs- und Lebensraum, Wind-, Erosions- und Geruchsschutz besitzen und bisher auch stabile Habitate für Greifvögel boten.
Bis 2002 wurden an den Hecken nur vereinzelt Verjüngungsmaßnahmen durchgeführt. Die bisher für die Rotmilanpopulation wichtigen Hybridpappeln sind in einem überalterten Zustand und verursachen Probleme auf den angrenzenden Bewirtschaftungsflächen durch herabfallende Äste und Baumumbrüche. Im Rahmen von Förderprogrammen wurde im Jahr 2002 begonnen, im gesamten Projektgebiet die ca. 60 Jahre alten Hecken- und Baumstrukturen zu verjüngen. Die praktische Durchführung der Umbaumaßnahmen wurde seitens des Landschaftspflegeverbandes in Zusammenarbeit und Abstimmung mit Pachtenden und Bewirtschaftenden der Flächen geplant und umgesetzt. 2014 brüteten auf der Kontrollfläche im Projektgebiet 40 Rotmilanpaare, 2015 sogar 60.
4. Schleswig-Holstein: Kurt und Erika Schrobach-Stiftung
Ansprechpartner:
Christoph Gasse
Kurt und Erika Schrobach-Stiftung
Theodor-Heuss-Ring 56, 24113 Kiel
Telefon 0431 705349660
Mobil 0152 31059986
gasse@lpv.de
www.schrobach-stiftung.de
Schleswig-Holstein liegt am nordwestlichen Rand des Verbreitungsgebietes des Rotmilans und weist im bundesweiten Vergleich verhältnismäßig geringe Brutpaardichten der Art auf. Mit fast 70 % landwirtschaftlicher Nutzfläche ist das nördlichste Bundesland deutlich agrarisch geprägt. Während in der Marsch und großen Teilen der Vorgeest weite, strukturarme Landschaften vorherrschen, sind im Östlichen Hügelland und Teilen der Hohen Geest sehr abwechslungsreiche Regionen vorhanden, die für Rotmilane grundsätzlich günstige Lebensbedingungen bieten. Im Hinblick auf eine möglichst effiziente Maßnahmenumsetzung wird das Projekt in den südöstlichen Regionen des Landes durchgeführt, die durch die höchsten Rotmilandichten Schleswig-Holsteins gekennzeichnet sind. Dies sind überwiegend die Kreise Herzogtum-Lauenburg, Stormarn und Segeberg.
Flächenmäßig umfangreichste Nutzungsart in diesem Gebiet ist der Ackerbau. Darüber hinaus sind die folgenden Lebensräume in die Landschaft eingestreut, so dass die Projektregion in ihrer Gesamtheit für Rotmilane großräumig geeignet ist: überwiegend naturnahe Waldflächen (ca. 15-20%), Grünland an den Ortsrändern sowie in den Moor- und Fließgewässerniederungen (ca. 20%), etliche Seen und sonstige Stillgewässer unterschiedlicher Ausdehnung und weitere wertgebende Lebensräume wie der Elbe-Lübeck-Kanal, die Trave und weitere kleinere Fließgewässer, Magerrasen, Kiesgruben, ein Standortübungsplatz und ein die gesamte Landschaft durchziehendes Netz von den für Schleswig-Holstein typischen Hecken, den Knicks.
Die Projektregion zeichnet sich im Hinblick auf die Nistplatzansprüche des Rotmilans durch eine günstige räumliche Verteilung und einen überwiegend guten Zustand der Waldflächen aus. Es handelt sich dabei überwiegend um naturnahe Bestände mit alten Bäumen, welche sich für Horstanlagen eignen. Der Waldanteil in der Projektregion ist verglichen mit dem Landesschnitt etwa doppelt so hoch, die durchschnittliche Größe der einzelnen Waldflächen liegt unter einem Quadratkilometer. Vergleichsweise viele als Horststandort geeignete Wälder und Feldgehölze liegen somit sehr regelmäßig über die Landschaft verteilt.
Schwerpunkt des Teilprojektes in Schleswig-Holstein ist die Verbesserung der Nahrungsverfügbarkeit für den Rotmilan besonders während der Jungenaufzucht. Aktuell stehen hier verschiedene Agrarmaßnahmen zur Verfügung, die eine Entschädigung für gezielte Bewirtschaftungsauflagen beinhalten. Im Rahmen eines Pilotprojektes konnten bereits zahlreiche Kleegrasflächen in der Nähe bekannter Horste angelegt werden, die das Nahrungsangebot für den Rotmilan und andere Greifvögel erhöhen können. Um der Gefährdung von Horststandorten entgegen zu wirken und günstige Voraussetzungen für weitere Nistplätze zu schaffen, werden außerdem geeignete Wälder durch Erwerb oder langfristige Pacht gesichert.
Die Kurt und Erika Schrobach-Stiftung als Trägerin des Teilprojektes arbeitet eng mit der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (OAG) für Schleswig-Holstein und Hamburg zusammen, welche für die Erfassung des Brutbestandes und Bruterfolges des Rotmilans im Projektgebiet zuständig ist. Die praktische Maßnahmenumsetzung wird durch die DVL-Artenagentur unterstützt und eine Evaluierung der beschriebenen Artenschutzmaßnahmen wird in Kooperation mit der OAG und dem DVL durchgeführt.
5. Niedersachsen: Landschaftspflegeverband Landkreis Göttingen e.V.
Ansprechpartnerinnen:
Ute Grothey & Frauke Helms
Landschaftspflegeverband Landkreis Göttingen e.V.
Reinhäuser Landstr. 4 (2. Stock, Zimmer 219), 37083 Göttingen
Telefon 0551 5313703
lpv@lpv-goettingen.de
www.lpv-goettingen.de
Das Projektgebiet „Göttingen“ umfasst den Landkreis Göttingen, welcher im südlichsten Zipfel von Niedersachsen liegt und etwa 1.700 km² groß ist. Die Landschaft ist durch das Weser-Leinebergland und den Harz sehr abwechslungsreich. Der größte Teil der Fläche ist von Wald bewachsen (ca. 40%) und von Ackerbau (ca. 32%) geprägt, während Grünland auf weniger als 8% der Landkreisfläche zu finden ist.
Neben den zahlreichen flachgründigen Grenzertragsstandorten gibt es in vielen Bereichen gute bis sehr gute Bedingungen für den Getreide-, Raps- und Zuckerrübenanbau. Derzeit gibt es etwa 1.050 landwirtschaftliche Betriebe im Landkreis Göttingen (ca. die Hälfte davon wirtschaftet im Nebenerwerb), während es im Jahr 2001 auf gleicher Fläche noch 1.700 waren. Dieser Rückgang unterstreicht deutlich, dass auch in unserer Region ein anhaltender Strukturwandel hin zu immer größeren Einheiten stattfindet.
Die Lebensraumstrukturen (von Acker dominiertes Offenland und viele Waldränder als potentielle Bruthabitate) im Landkreis Göttingen bieten grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine Rotmilanbesiedlung. Das zeigt nicht zuletzt die relativ hohe Brutpaardichte (ca.15 Paare/100km²) im Vogelschutzgebiet „V19/Unteres Eichsfeld“ zwischen Göttingen und Duderstadt. Unser Ziel ist es, die Rotmilanpopulation in unserer Region zu stärken und den Bestand damit langfristig zu sichern!
Dies setzt voraus, dass wir wissen, was dieser schützenswerten Art am besten hilft. Aus diesem Grund arbeitet der Landschaftspflegeverband eng mit der Universität Göttingen (Abteilung Naturschutzbiologie, Dr. Eckhard Gottschalk) zusammen, welche seit fast 10 Jahren die Ökologie und das Verhalten dieser Greifvögel u.a. mit Hilfe von Nestkameras und GPS-Sendern erforscht. Besonders wichtig erscheint, dass die Verfügbarkeit von Nahrung zur Zeit der Jungenaufzucht verbessert wird. Der Strukturreichtum in unserer Landschaft nimmt immer weiter ab und so wird es für Rotmilane aufgrund der Wuchshöhen der gängigsten Anbaufrüchte (Wintergetreide, Raps) zwischen Mai und Juli zunehmend schwieriger, genug Futter für ihren Nachwuchs zu finden. Gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Betrieben wollen wir versuchen, hier gegenzusteuern! So sind der vermehrte Anbau von mehrjährigem Ackerfutter, von Sommergetreide oder Hackfrüchten wie auch die Aufrechterhaltung der Grünlandnutzung hilfreiche Maßnahmen für den Rotmilan (und andere bedrohte Arten!).
Mit der neuen Agrarförderperiode gibt es in Niedersachsen eine ganze Reihe von Agrarumweltmaßnahmen (AUM), hier u.a. die sogenannten Blüh- und Schonstreifen (BS), die sowohl direkt als auch indirekt für den Rotmilan förderlich sind. Schon seit 2008 mit dabei ist auch eine Maßnahme (BS6), die speziell für den Rotmilan entwickelt wurde.
Die bisherigen Forschungsergebnisse haben ebenfalls gezeigt, dass Misserfolge beim Brüten aufgrund von Prädation durch Marder oder Waschbär auftreten können, welche die Brutbäume erklettern und Eier und/ oder Jungvögel fressen. Im Rahmen des Rotmilanprojektes ummanteln wir den Stamm der Brutbäume mit Verglasungsfolie, um Raubsäuger am Erklimmen dieser Bäume zu hindern (weitere Informationen in unserem Ratgeber Nestschutz). Sprechen Sie uns gerne an!
6. Mecklenburg-Vorpommern: Landschaftspflegeverband Mecklenburger Endmoräne e.V.
Ansprechpartner:
Matthias Bormann & Karsten Woldt
Landschaftspflegeverband Mecklenburger Endmoräne e.V.
Torgelower Straße 14, 17192 Neu Schloen
Telefon 039934 899645
lpv-kargow@t-online.de
Dieses Projektgebiet ist der 5469 km² große Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, gleichzeitig Verbandsgebiet des Landschaftspflegeverbandes „Mecklenburger Endmoräne e. V.“. Die eiszeitlich geprägte Landschaft mit Endmoränenzügen, Sandern und Tausenden Seen und Kleingewässern ist nur dünn besiedelt und wird vorwiegend land- und forstwirtschaftlich genutzt. Der Waldanteil beträgt 25 %. Im Projektgebiet befinden sich der Müritz-Nationalpark sowie die Naturparke „Nossentiner – Schwinzer Heide“ und „Mecklenburgische Schweiz – Kummerower See“. Trotz umfangreicher Flurbereinigung in den 1970er Jahren sind zahlreiche Feldgehölze und Feldhecken vorhanden. Eine Besonderheit sind die zahllosen Kleingewässer, die für den Artenschutz von immenser Bedeutung sind. Ungefähr zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen werden durch Ökolandbau bewirtschaftet. Die agrarisch intensiv genutzten Flächen weisen Bodenpunkte im Bereich von zehn bis 35 auf.
Trotz relativ günstiger Naturraumausstattung sind auch hier die Bestände des Rotmilans rückläufig, was in erster Linie auf die sich stark ändernden Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaft zurückzuführen ist.
7. Mecklenburg-Vorpommern: Landschaftspflegeverband Sternberger Endmoräne e.V.
Ansprechpartner:
Hans Diederichs
Landschaftspflegeverband Sternberger Endmoräne e.V.
Dorfstr. 10, 19406 Kobrow II
Telefon 03847 43500
hansdiederichs@t-online.de
www.lse-sternberg.de
Das Projektgebiet im westlichen Mecklenburg-Vorpommern liegt östlich von Schwerin und hat eine Größe von ca. 1400 km². Die Landschaft ist bestimmt durch eine flach wellige bis hügelige Landschaft. Das Kontrollgebiet bietet verschiedenste Landbewirtschaftungsformen wie u.a. Weidehaltung durch Rinder, Schafe und Pferde, Mahdgrünland, großflächigen konventionellen aber auch ökologischen Ackerbau, zahlreiche kleinere sowie größere Seen und verschiedene Landschaftselemente wie Sölle, Hecken, Alleen und Baumreihen. Seit 1990 haben sich die Grünlandanteile stark zugunsten des Ackerlandes verändert. Für den Sichtjäger Rotmilan bedeutet dies in vielen Regionen des Naturparks eine enorme Verschlechterung der Nahrungssituation. Begründet durch den gesteigerten Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen gibt es aktuell eine Trendwende weg von den Flächenstilllegungen in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hin zu dichtwüchsigen Ackerkulturen.
8. Thüringen: Landschaftspflegeverband Mittelthüringen e.V.
Ansprechpartnerin:
Jana Apel
Landschaftspflegeverband Mittelthüringen e.V.
Am Stausee 36 E, 99439 Vippachedelhausen
Telefon 036452 918080
lpv.mittelthueringen@gmail.com
www.lpv-mittelthueringen.com
Das Maßnahmengebiet mit einer Fläche von 1.166 km2 wird im Norden von der Stadt Sömmerda, im Westen von der Gemeinde Schwerstedt, im Osten von der Landgemeinde Bad Sulza und im Süden von der Stadt Weimar begrenzt. Es handelt sich dabei um das hügelreiche Ackerland nördlich von Weimar, um den Ettersberg und einen Teil des Ilmtales.
Das innerthüringer Ackerhügelland stellt sich als flachwelliges Hügelland dar. Es wird durch die Täler von Bächen und kleineren Flüssen, im Projektgebiet durch die Ilm und die Unstrut, unterbrochen. Das weiträumige, kaum gegliederte Gebiet Mittelthüringen zählt zu den Bereichen mit der höchsten Bodenfruchtbarkeit in Thüringen. Die durchschnittliche Ackerzahl im Landkreis Weimarer Land ist 55 und im Landkreis Sömmerda 64. Aus diesem Grund existiert hier eine ackerbauliche Nutzung, die auf großen Schlägen mit hoher Intensität betrieben wird. Naturnahe Landschaftselemente sind weitgehend ausgeräumt. Nur noch kleinflächig kommen Grünland, Flurgehölze als Windschutzhecken und Bachufergehölze vor. Waldflächen sind nur in kleinen isolierten Resten vorhanden. Vor Projektbeginn lieferte die letzte Bestandserfassung für ganz Thüringen der Verein Thüringer Ornithologen aus den Jahren 2010/2011 eine Zahl von 950 ± 50 Brutpaaren des Rotmilans. Allein im Kern des Projektgebietes gab es im Jahr 2012 ca. 60 Bruten des Rotmilans. Das entspricht etwa einem Brutpaar je 300 ha. Für die nördlich angrenzenden Bereiche gibt es derzeit zwar keine exakten Zahlen, mit etwa 15 bis 20 Brutpaaren kann aber gerechnet werden.
Im Projektgebiet konnte der Rotmilan derzeit trotzdem nur als „gefährdet“ eingeschätzt werden. Es ist der Trend zu beobachten, dass die Vögel ihre Horste zunehmend in die offene Landschaft verlegen. Der Hauptgrund dafür ist vermutlich in dem zunehmenden Druck durch die Prädatoren – hauptsächlich Waschbären – zu sehen. Im Offenland sind für den Rotmilan offensichtlich markante Großbäume von Interesse, die sich einerseits gut für den Nestbau eignen und anderseits die nötige Ungestörtheit sowie Nähe zu den Nahrungshabitaten bieten. Das Nistplatzangebot kann in weiten Bereichen des Vogelschutzgebietes SPA Nr. 17 „Ackerhügelland nördlich Weimar mit Ettersberg“ noch als relativ gut eingeschätzt werden, da hier die Landschaft gut strukturiert ist und noch viele flächige und lineare Gehölzpflanzungen aufweist. In den anderen Bereichen des Projektgebietes, vor allem nördlich des Vogelschutzgebietes, fehlen diese vielfältigen Strukturen aber in der Regel. Um dem entgegen zu wirken, werden der Umbau abgängiger Pappelstrukturen besonders aber die Schaffung neuer Neststrukturen im Projektgebiet als Maßnahmen vorangetrieben.
Durch eine umfassende, einzelbetriebliche Biodiversitätsberatung soll erreicht werden, dass die Landnutzenden bereit sind, Maßnahmen umzusetzen, die bewirken, dass sich das Nahrungsangebot und die Nahrungsverfügbarkeit für den Rotmilan verbessern. Dazu können beispielsweise die Integration von Feldfutter in die Anbaustruktur, die Anlage von Dauer- bzw. temporären Brachen, die extensive Ackerbewirtschaftung, das Belassen von Pflanzenresten als Bodenbedeckung und der Anbau von Saumstrukturen auf Ackerflächen zählen.
9. Brandenburg: Landschaftspflegeverband Uckermark-Schorfheide e.V.
Ansprechpartner:
Ulf Kraatz & Jan Noack
Landschaftspflegeverband Uckermark-Schorfheide e.V.
Hoher Steinweg 5-6
16278 Angermünde
Telefon 03331 298791
lpv.uckermark-schorfheide-rotmilan@gmx.de
Die Uckermark ist mit einer Größe von 3077 km² zwar der größte Landkreis Brandenburgs, gehört mit einer Bevölkerungsdichte von 39 Einwohnern/km² aber zu den am dünnsten besiedelten Gebieten in ganz Deutschland. In der eiszeitlich geprägten hügeligen Grund- und Endmoränenlandschaft befinden sich auch die fruchtbarsten Böden des Bundeslandes.
So wird die Fläche auch überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Große Schläge prägen hier das Landschaftsbild. 83 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden ackerbaulich genutzt. Als Folge des starken Rückganges der Rinderbestände werden nur noch 17 % als Dauergrünland genutzt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche wird insgesamt von 519 überwiegend konventionellen Betrieben bewirtschaftet. 12 % der Betriebe arbeiten nach ökologischen Richtlinien. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 299 ha und damit über dem Durchschnitt Brandenburgs (244 ha) und weit über dem Deutschlands (57 ha). Hauptsächlich werden Winterweizen und Winterraps angebaut, gefolgt von Silomais und Wintergerste. Dabei spielen Luzerne und Klee/Kleegras in der Fruchtfolge kaum noch eine Rolle. Gerade einmal 2,3 % der Ackerfläche (in 2011) wurden mit kleinkörnigen Leguminosen bestellt und werden immer stärker vom Silomais verdrängt.
Das Land Brandenburg weist aktuell mit 1.650-1.900 Revieren rund 13 % des bundesweiten Rotmilan-Vorkommens auf. Dieser Bestand ist jedoch durch einen starken Rückgang der Population um 15 % im Zeitraum 1995 bis 2009 gekennzeichnet. Problematisch wirken sich hier vor allem veränderte Nutzungen auf den Bestand des Rotmilans aus, wie Nutzungsauflassungen mit Sukzession, intensivere Nutzung von Agrarflächen wie verstärkter Raps und Maisanbau und Abschaffung der Flächenstilllegung. Auch der starke Rückgang der Milchviehbetriebe hat zu einem starken Rückgang der Ackerfutterflächen geführt. Das Projektgebiet umfasst ca. 2400 km² des Landkreises Uckermark. Ein großer Teil der Fläche befindet sich im nördlichen Teil des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin. Innerhalb des Projektgebietes, in dem Maßnahmen umgesetzt werden sollen, befindet sich mit einer Größe von ca. 200 km² das Kontrollgebiet. In Brandenburg wurden bisher keine zum Schutz und zur Entwicklung des Rotmilans geeigneten praktischen Agrarumweltmaßnahmen auf dem Acker angeboten (außer Ökologische Landwirtschaft).
Der LPV Uckermark-Schorfheide verfolgt daher die Umsetzung von Maßnahmen auf dem Acker zur Verbesserung der Nahrungsverfügbarkeit in erster Linie auf der Grundlage der Eingriffsregelung (Kompensationsmaßnahmen). Dazu gehören der dauerhafte Anbau kleinkörniger Leguminosen, die Anlage von Ackerbrachen, die Umwandlung von gefährdeten Altbaumbeständen in standortgerechte Gehölze durch Ersatz- bzw. Neupflanzung und die Schaffung von dauerhaften Brachen durch Entsiegelungsmaßnahmen. Des Weiteren umfasst die Beratung der Landwirtinnen und Landwirte auch Empfehlungen für ein rotmilanfreundliches Greening hinsichtlich Nutzung der Greening-Typen Brachen, Stickstoffbinder, Feldraine und Pufferstreifen sowie die Schaffung eines Biotopverbundes durch die Verbindung naturnaher Bereiche (Erhalt, Ergänzung und Neuanlage von Landschaftselementen).