Frühlingsbote Rotmilan – Wissenschaftler bestätigen: Dörfer gehören für den Greifvogel häufig zu seinem „Land zum Leben“
Hamburg, 4. April 2019. Auf dem Land heißt es: „Ist der Rotmilan gelandet, kommt der Frühling“. Denn sobald die Temperaturen steigen und die ersten Frühblüher aufgehen, zieht es den Greifvogel aus seinem Winterquartier im Süden Europas in seine angestammten Brutreviere in Deutschland. Anfang April legen die rotbraunen Frühlingsboten mit den tief gegabelten Stoßfedern zwei bis drei Eier ins Nest und beginnen mit der Brut. „Rotmilane sind eigentlich in offenen Landschaften heimisch und suchen ihre Beute vor allem auf Wiesen und Feldern“ sagt Svenja Ganteför von der Deutschen Wildtier Stiftung. Häufig fliegen die Greifvögel zur Nahrungssuche aber auch in die Dörfer. Das zeigen Ergebnisse des bundesweiten Schutzprojektes Rotmilan – Land zum Leben.
Im Rahmen des Projekts wurde die Lebensraumnutzung von über dreißig Rotmilanen in Sachsen, Thüringen und Niedersachsen untersucht. „Die Vögel wurden mit solarbetriebenen Sendern versehen, die wie ein kleiner Rucksack auf ihrem Rücken sitzen“, erläutert Jakob Katzenberger vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA), der im Projekt für die wissenschaftliche Evaluation zuständig ist. Die wenige Gramm leichten Daten-Rucksäcke speichern in regelmäßigen Abständen die genaue Position der Vögel und ermöglichen den Forschern so rund um die Uhr genaue Einblicke in das Leben der Milane. Die Ergebnisse zeigen, dass zahlreiche besenderte Rotmilane zur Nahrungssuche dörfliche Siedlungen aufsuchen. Und damit nicht genug: „Je höher der Anteil dörflicher Siedlungsfläche im Nestumfeld einzelner Milane ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Brut“, so Katzenberger. Damit bestätigen die Telemetrie-Daten nun, was die Auswertung von über 400 erfolgreichen Bruten des Rotmilans bereits vermuten ließ.
Leicht zugängliche menschliche Abfälle, z. B. Komposthaufen, machen Siedlungen für den Allesfresser Rotmilan attraktiv. „Aus Videoaufnahmen mit Nestkameras wissen wir aber auch, dass er in Siedlungen ebenfalls häufig Singvögel erbeutet“, erklärt Katzenberger. Bei Rotmilanen, die im Grünland ihre Nahrung suchen, dominieren dagegen Kleinsäuger wie Mäuse oder Junghasen das Beutespektrum. Das Vorhandensein von Grünland hat daher ebenfalls einen stark positiven Einfluss auf den Bruterfolg. Dass Rotmilane auf der Suche nach Fressbarem zunehmend in Dörfer kommen, kann auch mit der immer intensiver genutzten Feldflur zusammenhängen. „Die Intensivierung der Landwirtschaft macht den Greifvögeln zu schaffen“, sagt Svenja Ganteför von der Deutschen Wildtier Stiftung und ergänzt: „Mittlerweile gelangen viele Wildtiere in Gärten und auf Müllkippen anscheinend leichter an Nahrung als in der Agrarlandschaft“.